lauter niemand - bio - prosa - lyrik - poetik
15.05.2003
 
Steffen Popp
 
 
Gedanken zu einer bürgerliche Poetik
(aus den Fragmenten: Lyrischer Eigensinn. Die geistige Heilschleife. Sänger des Neckar.)
 
Vergebens rühre ich manchmal an die Dinge;
immer träume ich das Element.
[Gaston Bachelard, Poetik des Raumes.]
 
Zunehmend fällt es mir schwer, das Gedicht zu vermeiden. Alles erscheint hier identisch, nutzlos und offen, und wie jede Sprache vor allem ein Mittel, das Leben auf Abstand zu halten. Eine Methode, sich aufzugeben, gegen Berufung und Predigt, nur für die Ränder tauglich und die betrübten Kulturen, die sie besiedeln. Ohne ein kuhhaftes Vertrauen in die Balance der Welt sollte man nicht beginnen, Seile zu spannen, Wörter in Sätze zu binden. Gerade das Nein, ständig geschieht es. Aber nichts Wirkliches baut es, nur die Desaster des Abiturienten, Oden der Trauer und des missglückten Ficks, die den Gebildeten nicht unterhalten. Aber, wenn wir das Ding nicht konsumieren, den ganzen Komplex ohne Gewissen, gleichsam betrunken ins All schießen, diese gigantische Halde Gottes. Wenn jeder Bau nur ein Schritt hin zur Ruine ist, eine verlogene Schwellung, dazu verdammt, zu resignieren, nach einer Phase des Aufstands in ein unsägliches Minus zu sinken. Und, seien wir ehrlich, jede Löschung hinterlässt derart ein negatives Schleifen, eine innere Taubheit, die unsere Auflösung weiter vorantreibt. Aber, jedes unsägliche Haus ist eine wahre Konsole, eine Gemeinsamkeit unserer Ränder – die zu besprechen, so scheint es, wir nicht müde werden, gegen das geifernde Chaos des Weltalls nicht weniger als gegen das totale Licht, aus dem sie wachsen. Die Sehnsucht nach einer Form, die nichts verliert, bleibt ohne Stillstand – gegen das Existentielle, die Verwurstung des Fühlens, Beschwörungen einer Magie, die nichts bedeuten als ein Verstummen, einen Konkurs der Bewohner. All dieser Krampf, dieses Bemühen, jede Art Klöppelkunst um eine Hohlform des Wunders. Dabei soll es nur neu sein, um des Neuen willen, auch wenn es nicht mehr das Kommende für uns bedeutet. Nur außerhalb der Bestände, auch wenn es nicht mehr als einen Wurf des Bestehenden, einen Sieg unter anderen für uns bedeutet.