lauter niemand - bio - prosa - lyrik - poetik
(16.12.2002)
 
Björn Kuhligk
 
 
DAS GEDICHT GEHT DURCH EINEN KÖRPER UND GRÜSST NICHT MAL
(man schreibt nur mit den poren gut)
 

1. das gedicht ist arbeit und boden. manchmal kann es kapital werden. niemals kann es ein aktienfonds werden. dafür ist es zu unbedeutend.

2. das gedicht fragt nicht. man geht nicht darauf zu. es geht nicht auf einen zu. es wird geschrieben.

3. das gedicht ist zettelkasten oder reflex. es ist grundlegende strategie, kleingruppenaktivität, anwendung

4. das gedicht ist werkzeug oder werkzeugkasten.

5. das gedicht braucht bilder. es müßte permanent eine kamera mit sich führen.

6. das gedicht braucht keine festgelegte poetik. es braucht grenzen, die im moment nicht zu bestimmen sind, da sie sich durch das permanent-wechselnde des inneren dieser grenzen definieren.

7. das gedicht ist ein monolog, der sich in einer endlosschleife fortsetzt, wobei der knoten nur hin und wieder zu lösen ist. es ist monolog, weil es ankunft und abschied in einem ist. es ist monolog, weil es zwischen ankunft und abschied steht und wartet.

8. das gedicht braucht leidenschaft am wort, am leben. es benötigt autobiographie.

9. das gedicht ist (minimale) arbeit an der autobiographie. es darf sich nur um ein weniges von ihr entfernen. (gedichte müssen sein wie kußgewölbe. manchmal. gedichte müssen sein wie tarnkappenbomber. hin und wieder.